Toni Innauer

„Der betörende Glanz der Dummheit“

Die USA sind mit allzeit 1119 Goldmedaillen bei Olympia das mit Abstand leistungsstärkste Sportland der Welt. Man möchte daraus schlüssig folgern können, dass diese Gesellschaft grundsätzlich sehr leistungsorientiert wäre.

Die Bezeichnung erfolgssüchtig scheint aber passender. Dopinggeschichten wie von Lance Armstrong oder Marion Jones, fügen sich in den Befund. Nicht ein humanes Leistungsprinzip, vielmehr ein rücksichts- und verantwortungsloses Erfolgsprinzip, in dem der Zweck erfolgreich zu sein oder zumindest zu scheinen, alle Mittel heiligt, ist völlig außer Kontrolle geraten. Dieser globale Trend hat nur seine Wurzeln in den USA und ist aus Sicht eines Sportmenschen bedrückend und lächerlich zugleich.

Die betörende Wirkung eines schamlos und aggressiv aufgeblasenen Getues lässt sich in der Realsatire zum amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf des Donald Trump verfolgen. Bullshit in unterhaltsamer Verpackung sorgt für Aufmerksamkeit und Gefolgschaft, wenn er gut inszeniert ist.

Aber Hand aufs Sportlerherz, wo waren die kritischen Worte aus unserer Szene, als Schwarzenegger Gouverneur von Kalifornien wurde? Der Stolz auf „einen von uns“ und die grenzenlose Bewunderung für seinen Aufstieg überdeckten alle Zweifel. Arnold wurde berühmt in einer „Sportart“, in der das Posen mit einem – durch sämtliche Kunstgriffe der Trainingslehre und Chemie – geformten Körper wichtiger als messbare und vergleichbare Leistung ist. Besonders im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat man ein Faible für die einstudierten Posen der Macht, wie sie auch der Ex-Schauspieler Reagan beherrschte. Neben dem Vertrauensverlust in die politische Elite erklärt das auch die Wahl des politisch völlig blanken Wrestlers Jesse Ventura zum Gouverneur von Minnesota in den 90ern.
Umgekehrt wurde unser 76er-Olympiakollege Franz Voves 2015 als Landeshauptmann vom steirischen Wahlvolk abgestraft, weil er und sein Koalitionspartner Schützenhöfer sinnvolle politische Reformen wie die Gemeindezusammenlegung durchgezogen hatten. Sind Sachlichkeit und Weitsicht politisch zu riskant?
Mit plumper Großspurigkeit hält der Politclown Trump den USA einen grässlichen Spiegel vor die Nase und sich selbst im Rennen. Es scheint kein Entrinnen aus der Falle zu geben: wie sehr sich Trump auch daneben benimmt, sein Bekanntheitsgrad wächst. Der von jedem Schamgefühl befreite ehemalige Star einer Realityshow könnte der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden. Aber auch nur deshalb, weil Arnold als geborener Österreicher nicht kandidieren darf…

*Buchtitel von Esther Vilar 1987

Euer
Toni Innauer

Die Kolumne ist am 05.11.2016 in der Tiroler Tageszeitung und in den Vorarlberger Nachrichten erschienen!

One thought on “„Der betörende Glanz der Dummheit“

  1. Gianni

    Na ja, der ehrenwerte Österreicher wäre mit Sicherheit die weniger katastrophale Lösung als Trump. Nur, sooo gut war er in Kalifornien nun auch nicht. In wenigen Stunden werden wir erfahren, ob die Hispanics mit Wohnsitz Florida mehr Stimmen aufbringen können, als alle weissen Rentner quer durch den Staat verteilt. Sollte dies der Fall sein, können wir allegut schlafen. Nicht nur wir hier in Florida. Das würde Trump nicht aufholen können. Die 270 Stimmmänner hätte Clinton dann praktisch auf sicher.

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