Toni Innauer

Gedankenlosigkeit, plumpe Ignoranz, Lobbying oder kalkulierte Ehrabschneidung?

Gedankenlosigkeit, plumpe Ignoranz, Lobbying oder kalkulierte Ehrabschneidung?

Foto: Clemens Fabry

 

 

Zur Sportgeschichtsschreibung in einem kleinen Land

 

 

Vorauszuschicken ist, dass viele, so auch der Verfasser dieser Zeilen, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten etwas sensibler auf bestimmte Zeichen reagieren. Die Botschaften zwischen den Zeilen oder die ausgesparten Tatsachen haben eine Kraft. Von den meisten übersehen, lassen sie betroffene Zeitzeugen aber hellhörig werden.

 

Dabei ginge es gerade jetzt darum, auch jenen Menschen Zuversicht zu vermitteln, die sich immer wieder ins Zeug gelegt haben, und sich damit in einem überschaubaren Rahmen, aber aus eigener Kraft zu helfen wussten. Jenen, die nicht bei jedem Problem nach Unterstützung und Förderung gebrüllt, sondern eigenverantwortlich Lösungen gesucht haben und das weiterhin so halten werden. Weil solche Typen tief drinnen daran glauben, dass Anstrengungsbereitschaft, Leistung und das Erlebnis, etwas aus eigener Kraft, gegen Widerstände und ohne Lobbyismus geschafft zu haben, ein gutes Gefühl vermitteln. Eigenleistung nennt sich dieses, jede Gesellschaft und Kultur befeuernde Prinzip. Die Bereitschaft dazu speist sich aus dem Denkmodell der selbst zu schaffenden Unabhängigkeit und der fairen Zuteilung von Anerkennung und Entlohnung. Diese Einstellung ist die Trägersubstanz der sogenannten Realwirtschaft und auch das Credo eines gesunden Selbstverständnisses im Sport. Wir sind gut beraten diese Einstellung zu würdigen und mit politischen Vorgaben zu unterstützen statt sie leichtfertig schlecht zu reden.

 

Der Spitzensport – in seinem noch nicht kommerziell verkommenem Kern – sollte und kann diese Botschaft vermitteln. Er könnte ein wichtiges Zuversicht spendendes Modell sein und er war es in seiner historischen Entwicklung auch immer wieder. Das ist, neben seinem Unterhaltungswert, auch der Grund dafür, dass sich junge Menschen diesem abenteuerlichen Weg nach wie vor und trotz der vorhandenen Risiken mit Haut und Haar verschreiben.

 

Nicht nur SportlerInnen, wir alle brauchen die aufbauenden Erzählungen von jenen, die Rückschläge verkraftet haben und schwierige Wege letztlich erfolgreich gegangen sind.

„I don’t wanna be a hero, just wanna fight like everyone else!“ war ein Lieblingslied von Niki Lauda. Gerade dann, wenn die eigenen Zweifel zu wachsen beginnen, können solche Beispiele Mut machen.
Skispringen und der nordische Sport haben über Jahrzehnte bis heute eine Menge an tollen Leistungen und Geschichten produziert. Millionen vor dem Fernseher und vor Ort haben sich von dem Weg der Preiml-Truppe inspirieren lassen. Aus dem Skigymnasium Stams an die – bis heute verteidigte Weltklasse – führte ein spannender Weg. Unvoreingenommene ÖsterreicherInnen sind deshalb begeistert, weil der kleine vernachlässigte Bruder des großen alpinen Rennsports auf einer, immer wieder schief gestellten Anerkennungsebene, letztlich aus eigener Kraft und in jeder Hinsicht bis auf Augenhöhe gekommen und geblieben ist.

Die ORF-Doku Menschen & Mächte, die 70er-Jahre, hat viele Sportgrößen und Sportarten als prägende Elemente des Lebensgefühls dieser wunderbaren Zeit erhoben. Als Zeitzeuge muss ich sagen, absolut zurecht! Allerdings fehlen meinen Freunden aus dem Springerlager und mir die Argumente für die gänzliche Aussparung unserer, gerade bei den olympischen Heimspielen in Innsbruck noch erfolgreicheren Zunft. Immerhin war Olympiasieger Dr. Karl Schnabl mit einer weiteren Bronzemedaille 1976 der erfolgreichste rotweißrote Olympionike und hat, mit seinem anspruchsvollen und erfolgreichen beruflichen Weg im Anschluss an seine Karriere, Zeichen über den Sport hinaus gesetzt. Der Vollständigkeit halber erweitere ich den Blick auf die im Titel gestellte Frage mit der Tatsache, dass dasselbe Medium zum 40jährigen Jubiläum der Olympischen Spiele 1980 kürzlich einen 20-Minüter über die österreichischen Goldmedaillengewinner ausgestrahlt hat. Der Verfasser, als einer der drei, fand darin mit keinem Wort Erwähnung. Ist es nun peinlich, als Betroffener – und in Ermangelung von Lobbyisten – aktiv darauf hinzuweisen oder, dass nationale Sportgeschichte auf wichtigen Sendeplätzen wiederholt umgeschrieben wird?

 

„Bei Hofberichterstattung und Geschichtsklitterung muss man sich als betroffene Gruppe und als Einzelner wehren!
Ich bin gespannt, ob es seitens der Zuständigen den Versuch einer Erklärungen zu den systematisch einseitigen Darstellungen und Auslassungen geben wird!“

 

 

 

Ihr Toni Innauer

 

5 thoughts on “Gedankenlosigkeit, plumpe Ignoranz, Lobbying oder kalkulierte Ehrabschneidung?

  1. Chris

    Wir erinnern uns gerne zurück an die spannenden Zeiten der Adler, vor allem Dir und Liss. Ihr wart und sind Vorbilder für mich und sehr viele junge Sportler und Menschen. Alle die den Weg über den Sport in der Jugend gegangen sind, haben aus dieser Erfahrung viel mit ins Leben mitgenommen. Danke dafür. Chris

  2. Anton Luchner

    Servus Toni,
    Das sind sehr inspirierende Zeilen, und mir sind dabei die damals zurecht vielgepriesenen Helden deer Corona Krise eingefallen – wie schnell sind die aus den Schlagzeilen verschwunden, die Pflegerin en, die SupermarktmitarbeiterInnen uvm. Das wurde in den Medien ersetzt durch zum Teil sehr unappetittlich Egoismen.
    Deine zutiefst beeindruckenden Erfolge kann Dir der ORF wohl in Berichten verweigern, aber er kann sie Dir nicht wegnehmen
    Liebe Grüße Toni

  3. Andreas Jäger

    Lieber Toni,

    drei epochale Sportereignisse aus den 70ern bleiben für mich unter dem Strich übrig: Krankl Tore in Cordoba, Klammers Höllenritt vom Patscherkofel UND dein Weltrekordsprung von 176 Meer in Oberndorf im Nylonhauberl!

    Ganz liebe Grüße
    Andreas Jäger

  4. Ernst Glantschnig

    Lieber Toni. Meine größte Bewunderung für deinen Kommentar und besonders deine erbrachten sportlichen und beruflichen Leistungen. Was willst du denn von den „Schmierfinken“ der Presse schon anderes erwarten?

  5. Bertram Wüstner

    Servus Toni!
    Ich und viele Tausend ÖsterreicherInnen sehen das ganz sicher genau so wie du… Was haben wir damals mitgefiebert… Das war mit der Höhepunkt der Olympiade 1980 für uns Alle.. natürlich die alpinen Erfolge von Moser-Pröll und Sensationssieger Leonhard Stock nicht zu vergessen… Hoffe, dass uns … speziell aber dir und deinen Skisprungkollegen…da die zuständigen Medien eine ganz dicke Erklärung geben können!!! Ich werde die Sache in jedem Fall verfolgen und bin gespannt wie die sich da rauswinden!!!
    An sportlicho Gruoss an dii vu am ehemaligo Bäzouar… Meor sand frühor viel ufom Sundordaa dumma gsin und bi üü i dor Weatschaft khuckot…
    Bertram Wüstner

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