Toni Innauer

Loslassen?

Loslassen?

Foto: Rainer Friedl

 


Es waren Juan Antonio Samranch und Michael Payne die, in den Achzigerjahren beginnend, die spektakuläre „Olympische Wende“ vollzogen: Das IOC, mit seinen verstaubten Ringen und Ladenhüter-Spielen, verwandelte sich in die bekannteste Marke der Welt.

Wie eine Blaupause dazu hat Peter Schröcksnadel – eine Liga tiefer – den ÖSV von einem sportlich anerkannten, aber peinlich unterfinanzierten Laden zu einem international bestaunten Vorzeige-Sportkonzern geformt.

In beiden Fällen waren es wirtschaftlicher Instinkt, politisches Geschick und Durchsetzungskraft der Präsidenten, die in mutigen Schachzügen vieles neu gestaltet und ihre Verbände ins gelobte kommerzielle Paradies geführt hatten. Trotzdem wäre eine Heiligsprechung übertrieben. Es waren auch „die Gunst der besonderen Jahre“, die dramatisch und global veränderten politischen Rahmenbedingungen, gekoppelt mit technologischen Innovationen und Entwicklungen, die völlig neue Zugänge ermöglichten. Viele wirtschaftlich versierte und Unerschrockene konnten damals, zuvor nie dagewesene Chancen identifizieren und verwerten.:

Der eiserne Vorhang war gefallen, realer Kommunismus und Sozialismus am Boden.

Ein endgültig enthemmter Kapitalismus entdeckte den Profisport, das scheinheilige olympische Amateurstatut wurde widerstandslos entsorgt und die Sportwelt radikal umgebaut. In den Markt drängende Unternehmen, private Fernsehanstalten, Wettbüros und das Heraufdämmern des digitalen Zeitalters fanden im Spitzensport kongeniale Partnerschaften. Die Preise für TV-Rechte und Werbepartnerschaften schraubten sich in ungeahnte Höhen.

Unser zukünftiger ÖSV-Ex-Präsident hatte die Möglichkeiten rechtzeitig erkannt und mitgestaltet, verzopfte Strukturen im Verband bereinigt, essentielle Rechte für den ÖSV juristisch durchgekämpft und ökonomisches Wachstum nachhaltigem mit sportlichem Erfolg abgesichert.

Mit stolzem Blick auf sein bemerkenswertes Lebenswerk könnte er jetzt den Verband neuen Lenkern übergeben und sie großmütig in die Post-Schröcksnadel-Ära entlassen!

Aber die Hintergrundgeräusche rund um seine Nachfolge klingen weniger harmonisch.

Michael Huber zieht sich zurück, Michael Walchhofer fällt plötzlich in Ungnade, Renate Götschl kandidiert überraschend.

Es soll zwar der Mantel, aber nicht das Zepter abgelegt werden!

Damit engt er Entwicklungsmöglichkeiten und Reputation seiner Nachfolger empfindlich ein.

Der alte Kaiser möchte – warum auch immer – die wichtigsten Zügel weiter in der Hand halten. Wer Aufsichtsratsvorsitzender einer neu gegründeten Holding der ÖSV-Gesellschaften ist, die TV-Verträge und Werbeverträge für die jeweils aktuellen sportlichen Superstars ausverhandelt, der will das Sagen behalten, egal, wer „über ihm“ Präsident oder Präsidentin, oder wer Geschäftsführer sein wird.

 

Ihr Toni Innauer

 

 

3 thoughts on “Loslassen?

  1. gottfried rottensteiner

    In diesen Momenten kommt die wahre Natur des Menschen an die Oberfläche, auch wenn das, bei genaueren Beobachten, schon zu erkennen war. Wer nicht loslassen kann, setzt sich der Gefahr aus, dass alles was er Gutes getan hat, in den Schatten gestellt wird. In seinen eigenen Schatten, der durch sein Nichtloslassen bleibt

  2. Franz Kothgasser

    Lieber Toni, du hast das perfekt analysiert, den Nagel wirklich punktgenau am Kopf getroffen, der Schröcksi hat als Präsident das gebracht was von ihm erwartet wurde , nicht mehr und nicht weniger, dh. er hat seinen Job ordentlich erledigt wie es ein Präsident eben zu machen hat. Ich denke er hat gerade wegen der Konstellation Schiverband und seinen privaten Unternehmungen ja auch ordentlich profitiert. In diesem Sinne wäre jetzt Friede und Erneuerung sehr wichtig für die Zukunft! LG KNOX

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