Kontrastierung heißt, sich beiden Seiten zu stellen und gerade daraus den Mut zum Handeln zu gewinnen. Diese Einstellung wird heutzutage – auch in der Sportpsychologie – dem früher immer wieder eingeforderten „positiven Denken“ vorgezogen. Destruktives, negatives Denken ist schon längst als lähmend erkannt worden. Extremes positives Denken aber ist naive Schönfärberei, bei der alles, auch nur irgendwie Störende, einfach ausgeblendet wird und kommt der Realitätsverweigerung nahe. Es kann ein bitteres Erwachen geben, wenn man glaubt, sich die Welt und jedes gewünschte Ergebnis zurechtdenken zu können. Die Wirklichkeit ist mehrschichtig, sie ist nicht nur schwarz aber auch nicht nur weiß.
Die Bewerbung und die Durchführung von Olympischen Spielen bieten nicht nur Gefahren, sie eröffnen große Chancen. Beides existiert und es können tolle Möglichkeiten und riesige Marketingwirkung prophezeit oder eben ein Desaster mit nachhaltigen Problemen an die Wand gemalt werden.
Gute Trainer und Führungskräfte erkennen immer beides und scheuen nicht davor zurück Chancen UND Risiken anzusprechen. Gerade weil sie um die Schwierigkeit der Aufgabe, aber auch an ihre Chance glauben, sind sie und ihre Mitstreiter hellwach. Mitten in den Problemen ergeben sich immer wieder die schönsten Möglichkeiten!
Die Kraft mentaler Kontrastierung entfaltet sich in der Beachtung von beiden Seiten einer Medaille und nicht im Verdrängen der Unerwünschten. Mit diesem Zugang entsteht mehr Energie, mehr Realitätssinn und irgendwann auch Mut und Entschlossenheit. Daher können Spielerinnen, wie zuletzt das österreichische Damenhandballteam beim Sieg gegen Olympiasieger Russland, über sich hinauswachsen.
Wer mit einer Bewerbung Tirols für Olympische Spiele apokalyptische Katastrophen kommen sieht, der macht es sich als Berufspessimist genauso einfach wie jene, die glauben, dass so ein Großereignis auf jeden Fall eine „g’mahte Wiesn“ wäre. Sportliches Denken im besten Sinne ist nicht naiv, sondern mutig. Im Sport erfährt man auch viele Rückschläge, das ist Teil des Spiels und des Lernprozesses in diesem Lebensbereich. Nur wer wagt gewinnt und „z’Tod gfürcht isch a g’storbn!“
Nur wenn die Tirolerinnen und Tiroler für eine Bewerbung stimmen, kann und muss dem IOC ein Angebot mit Augenmaß präsentiert werden. Beides erfordert Mut. In der Machbarkeitsstudie liegt so ein Konzept mit Augenmaß vor, wie es der olympischen Idee zur Gesundung guttun würde. Viele Teile Tirols und des Sports sind darin eingebunden und können enorm davon profitieren.
Ihr Toni Innauer