Toni Innauer

„nur“ drei Luken mehr Anlauf…

„nur“ drei Luken mehr Anlauf…

 Foto: Innauer + (f)acts OG

 

… und viele im Starterfeld würden zeigen, dass sie auch brillante Skispringer sind und dabei Wollen und Tun genussvoll miteinander verschmelzen lassen können. Aber auf Weltcupniveau gibt es immer eine Handvoll Spielverderber in Hochform, die die Anlaufgeschwindigkeit in jene Regionen drücken, wo es richtig wehtut. Das bring selbst großen Namen ins Trudeln.

Skispringen ist zwar ein Einzelsport aber Kobayashis Form macht das Luftpolster für alle unbequem dünn. Die „Anlaufkürze“ tut dem Sprung und Selbstvertrauen vieler richtig weh. Die Leichtigkeit des einen, treibt die anderen an die Grenze. Wie gut fühlt es sich an, wenn man die Mitbewerber zum Fluchen und Verzweifeln bringt, weil man sich sogar noch eine Luke tiefer ins Fliegen bringen kann.

 

Im alpinen Rennlauf ist Jahr für Jahr damit zu rechnen, dass sich Hirscher und Kristoffersen oder Shiffrin und Vlhova wieder um die Siege raufen werden. Dies scheint vorhersehbarer, und verlässlicher zu steuern als im Springen. Während ein kleiner Fehler beim ersten Schwung im Riesentorlauf ein lehrreicher und korrigierbarer Warnruf ist, kann das auf der Schanze schon das bittere Aus bedeuten.

 

Smarte und fleißige Arbeit ist auch im Skispringen die Basis, aber niemand kann genau vorhersagen, wann es beim Einzelnen klick machen und grooven wird. Selbst wenn man sich als Sportler all die Eindrücke der Hochform aufgeschrieben hatte, waren diese Aufzeichnungen auf der nächsten Durststrecke nicht die erlösende Rettung.
Wussten wir in der Superadlerzeit, wer letztlich wann genau oben stehen wird? Oder aktueller: Hatte Werner Schuster auf Eisenbichler als seinen Trumpf bei der Tournee gesetzt? Nein, und ausgerechnet sein Wackelkandidat springt sich frei und für die deutschen Stars in die Bresche.

Was verwandelt all die Puzzleteile, die so akribisch zum fliegenden Cyborg getrimmt werden, zur Hochform…? Klarheit besteht zumindest darüber, was im Vorfeld zu eliminieren ist: Eine unsaubere Absprungbewegung, Kraftdefizite, Probleme mit der Materialabstimmung oder mentale Unsicherheit werden sich spätestens unter dem Druck des ultrakurzen Anlaufes noch deutlicher zeigen.

Simon Amann sucht mit Hilfe eines Wunderschuhs seit Jahren nach seinem persönlichen Tipping-Point, dem Auslöser für die Hochform, während Gregor Schlierenzauer über seiner optimalen Anfahrtshocke brütet und testet. An der Transformationsschwelle zur wetterwendischen Genialität bleibt Skispringen vorläufig noch eine Mischung aus moderner Trainingswissenschaft und Geduld bei der alchemistischen Suche nach dem Stein des Weisen in der dünnen Winterluft.

 

Ihr Toni Innauer

 

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