Toni Innauer

Der Fluch der großen Tat

Der Fluch der großen Tat

„I don’t wanna be your hero, just wanna fight like everyone else!“

ist die Kernaussage des Popsongs „Hero“ von „Family of the Year“.

Das Lied hat internationalen Erfolg, weil es offensichtlich den Lebensnerv mehrerer Generationen trifft. Ohrwurmqualität und gute handwerkliche Machart alleine würden dafür nicht genügen. Kann es sein, dass viele Menschen genug haben von dem Druck, den sie hinsichtlich ihrer Selbstverwirklichung spüren und sich selber auferlegen? Family of the year haben das erspürt, in ein Lied gepackt und musikalischen Ausdruck für ein diffuses Lebensgefühl geschaffen.

 

Besonders Sportler sehnen sich nach Erfolgen und der mitgelieferten Popularität, sie leben vom Kindergarten weg dafür, sie verzichten, sie strengen sich an und riskieren Gesundheit und berufliche Ausbildungschancen. Und der eine oder die andere schaffen es tatsächlich. Sie gewinnen etwas Bedeutendes und werden berühmt. Plötzlich identifizieren sich wildfremde Menschen mit ihnen und wollen von ihrem Helden nicht frustriert werden.

Und dann?

Einem atemberaubenden Erlebnis, das viel zu kurz dauert und im schönsten Moment heimtückischerweise „noch gar nicht richtig realisiert werden“ konnte, folgt schleichend ein emotionaler Kater. Mit der Erfüllung der Sehnsucht können Leistungslust und Faszination verdunsten. Inmitten der gewachsenen öffentlichen Ansprüche sehnt man sich nach der Zeit davor zurück, als die Ziele noch intim waren und verheißungsvoll glänzten. Als man noch kein Star war, als man sich als Skispringer ehrfurchtsvoll der Weltklasse annähern und Rückschläge mit Teamkollegen teilen durfte und niemandem außer dem Trainer Erklärung schuldig war.

Im Skispringen ist das leistungsmäßige Auf und Ab von unüberbietbarer Brutalität: Gregor Schlierenzauer ist nicht der einzige, der momentan den bitteren Inhalt dieses Kelches trinken muss. Millionen Fans in Polen fragen sich zur selben Zeit, was denn in ihren elegant lässigen Doppelolympiasieger Kamil Stoch gefahren ist. Eine weitere skispringerische Tragödie wird von den Leistungen der jungen Norweger zugedeckt. Rune Velta, der regierende Doppelweltmeister, ist zu schwach für das Weltcupteam der Norges. Am Wochenende flog er in der zweiten Liga in Engelberg, zweimal am Finale vorbei und belegte die demütigenden Ränge 43 und 45.

Durststrecken können übertaucht werden und eine gute Vorbereitung für das normale Leben sein, in beiden Fällen heißt es:„to fight like everyone else!“  

 

 

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