Sogar im eigenen Land ist der Ruf des russischen Sports ruiniert. Gewinnen Russische Fußballer eine TV-Quiz-Show, ertönt dort der sarkastische Ruf nach Dopingkontrollen.
Grigori Rodschenkow, Ex-Leiter der russischen Antidopingagentur und Kopf eines flächendeckenden Betrugsprogrammes bei den Spielen in Sotchi 2014 hat erschütternde Zusammenhänge und Details ausgepackt. Er bietet sich der WADA und dem IOC als Kronzeuge im „größten Dopingskandal aller Zeiten“ an. Aus Angst um seine Sicherheit hat er sich nach Los Angeles abgesetzt. Zuhause wird er als Verräter und Lügner angefeindet. Wie Hans Georg Aschenbach, der 1988 als Olympiasieger und Teamarzt der Skispringer abgesprungen war und – bis dahin nur vermuteten – DDR-Dopingpraktiken auspackte. Obwohl er Recht hatte, wurde dem Whistleblower Aschenbach die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt aberkannt und nie wieder zugesprochen. Kürzlich wurde „Asche“ in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen. Nicht für seine fragwürdigen Siege, sondern für seinen Einsatz und Kampf gegen Doping nach seiner Sportlaufbahn.
Wird gründlich an der Klärung der Anschuldigungen gegen Russland gearbeitet, oder wird versucht werden, möglichst schnell und begleitet von Lippenbekenntnissen zur Tagesordnung überzugehen? Immerhin stauen sich schon drei Skandale vor den Türen Olympias: der in der Leichtathletik, die „Meldoniumlawine“ und die Machenschaften von Sotchi. Die Bekanntgabe der Namen jener 31 Sportler, deren eingefrorene Proben von Peking 2008 bei der Öffnung positiv waren, steht auch noch aus.
Der Druck auf das IOC könnte weiter steigen!
Verschwörungstheorien und Fragen poppen auf. Stecken – wie schon beim VW Skandal – amerikanische Interessen dahinter, die Europa und Russland mit allen Mitteln schwächen oder einen europäisch-russischen Wirtschaftsraum behindern wollen?
Sind andere, die Amis oder Chinesen, ehrlicher als die Russen, gibt es überhaupt noch saubere Sportprofis? Immerhin „stärkt“ Herr Rodschenkow den wankenden Glauben: „nur“ 15 von den 33 russischen Medaillengewinnern in Sotchi waren gedopt. Kann man einen Big Player wie Russland wirklich von der Teilnahme an olympischen Spielen ausschließen oder wird der Sport dadurch einmal mehr zum politischen Spielball? Man kann und man muss, weil es auch und vor allem um Sport geht!
Sollten sich auch noch die letzten Anschuldigungen eines systematisch betriebenen Betrugs bewahrheiten und der formelle Strafrahmen so eine Sanktion zulassen, bleibt keine andere Wahl. Schließlich haben Olympische Spiele 1980 und 84 schon den gegenseitigen Boykott der Supermächte des kalten Krieges überlebt.
Die Kolumne ist am 28.05.2016 in der Tiroler Tageszeitung und Vorarlberger Nachrichten erschienen.
Da dennoch ein paar Russen starten werden, obwohl diese scheinbar „sauber“ sind, wir aber komplett gegen organisiertes Staatsdoping sind. Werden wir auf der Seite https://truelympics.org einen Medaillenspiegel ohne Russland veröffentlichen die russischen Medaillen weitervergeben. Wäre nett wenn das etwas über die sozialen Medien verteilt wird 🙂