Toni Innauer

„Eddie the Eagle – Alles ist möglich“ ist sehenswert!

„Eddie the Eagle – Alles ist möglich“ ist sehenswert!

Vor vielen Jahren habe ich, unter dem Eindruck der erschreckend wachsenden Popularität von Eddie, einen bissigen Artikel über den skispringerischen Stümper aus dem britischen Königsreich verfasst. Dabei bemühte ich mich, den Vergleich mit der Fabel vom Hasen und dem Igel erkennbar zu machen. Inhaltlich und phonetisch war es naheliegend, dass Eddie the Eagle darin die Rolle des schelmischen Igels zu übernehmen hatte und dabei nicht zu gut weg kam. Als Juniorentrainer der ÖSV-Springer war es schon schwer zu verdauen, dass ein 1,65m großes Dickerchen mit 80 kg die Hauptschlagzeilen des Winters abräumte. Matti Nykänen, Andi Felder oder Jens Weissflog mochten noch so weit und anmutig fliegen und erfolgreich sein, bis sie zur Pressekonferenz kamen, war „Eddie der Igel“ schon längst am Ziel: Alle Journalisten hingen bereits an seinen Lippen und hatten ihre Geschichten im Kasten. Es war der blanke Hohn und demütigend für die Weltbesten, die anfänglich noch gute Miene zum eigenartigen Spiel machen mussten. Kein Wunder und auch recht so, dass sich die FIS etwas gegen die zweckentfremdete Nutzung ihrer hochwertigen Bühne einfallen lassen musste.

1990, ein Jahr nach einem schweren Sturz des Eagles am Bergisel und nach der Einführung von „Lex Eddie“ genannten Qualifikationsbedingungen war der Spuk vorbei.

Fast dreißig Jahre später, passenderweise am 1. April gab es die Premiere des Films über Eddie. Sind viele von uns altersmild geworden oder woran mag es liegen, dass der Streifen sogar aktiven und ehemaligen Skispringern wirklich gefällt? Man braucht eben emotionalen Abstand um, auch als seinerzeit kräftig die Nase rümpfender Purist, feststellen zu können, dass es eine verrückte aber tolle Geschichte war. Vor allem aus Sicht der springerisch unbedarften Briten, Amis und des Olympiaveranstalters Kanada. Überzeugende Hauptdarsteller machen den Film zum emotionalen Eisbrecher für die Szene.

Um unsere seinerzeit auch unverhohlen negativen Emotionen und bissigen Kommentare dem englischen Maurer und Abstauber gegenüber besser verstehen zu können, ist ein Gedankenexperiment spannend: Wie amused wäre denn der durchschnittliche britische Tennisfan oder die Weltranglistenführenden, wenn die Nummer 5 eines österreichischen Bezirksligaclubs im Semifinale von Wimbledon einmarschieren und sich ganz frech Novak Djokovic gegenüber stellen könnte?

Und nach der Abfuhr in Höhe der Postleitzahl von Hall i. T. (6060) käme erst die Umlagerung von begeisterten Journalisten. Insider würden sich wohl wie im falschen Film fühlen.

Die Kolumne ist am 30.04.2016 in der Tiroler Tageszeitung und in den Vorarlberger Nachrichten erschienen.

 

One thought on “„Eddie the Eagle – Alles ist möglich“ ist sehenswert!

  1. Sonja Stepanek

    Ich habe den Film noch nicht gesehen, und war selbt Leistungssportlerin, die weiss wie schön es sich anfühlt, etwas wirklich gut zu können, aber ist es nicht gerade diese unverblümte Begeisterung fürs Schispringen ohne Leistungsprinzip, fürs Mutige „Einfach Tun/Probieren“ , die bis heute Vorbild und Antrieb für viele gute Dinge, die sonst nie umgesetzt werden würden, geworden ist.Und dabei spielt Freude am Tun eine mindestens ebenso grosse Rolle wie Konsequenz und Professionalität in der eigenen Weiterentwicklung. Liebe grüsse Sonja aus Wien

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