Toni Innauer

Wie die Saurier verschwanden…

Wie die Saurier verschwanden…

Foto: Rainer Friedl / Innauer + (f)acts

 

 

Die „jungen Wilden“ sind seit dem Achtelfinale der US-Open nur noch unter sich.

Es fehlen die ganz Großen: Wegen Verletzungspausen, Disqualifikation oder Verzicht, wie jenem von König Raffa. Ohne die dominanten Platzhirsche im entscheidenden Moment am richtigen Ort besiegt zu haben, wird der Grandslam-Titel in New York unter den Herausforderern vergeben.

Vermutlich sind Zwerev, Thiem, Medvedev, Rublev usw. jahrelang unter den Postern von Federer, Nadal, Djokovic oder Murray an den Wänden ihrer Kinderzimmer aufgewacht. Sie haben vom Aufschlag von Roger und der Vorhand von Nadal geträumt, sind ihren Vorbildern das erste Mal begegnet, durften mit ihnen ein Schlagtraining absolvieren, haben den ersten Punkt, das erste Spiel erbeutet und sind, wenn’s ernst wurde auf den Boden der Realität geholt worden.

Auf dem Weg an die Spitze wurde der Next Generation von den Meistern immer wieder gezeigt, woran es noch zu arbeiten gilt. Wo es Schwachstellen oder eben noch keine Antworten auf die Stärken der Stars, z.B. den zermürbenden Topspin von Nadals Peitschenvorhand auf dem roten Sand gibt.

 

Die Dominatoren haben die Dynamik von „Best of Five“ in engen Situationen öfter erfolgreich bewältigt und sie beherrschen das Spiel außerhalb der weißen Linien besser.
Die geschickte Arbeit mit der eigenen Psyche, der kräfteschonende Umgang mit Medien, Veranstaltern, gegnerischem Lager, Sponsoreninteressen und dem Publikum. Jahrelang haben sie die Vorbereitungsturniere perfekt für den Formaufbau zu den Grandslams genützt. Sie entwickelten dort Vorteile, wo sich die spielerischen Fähigkeiten kaum mehr unterscheiden.

 

Und plötzlich ist US-Open und keines der Idole mehr dabei…!

Kampflos wurde eine Hürde genommen, die sich nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Kopf der Herausforderer turmhoch aufgebaut hatte und bei den ganz großen Turnieren immer wieder zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung wurde.

 

Die Dinosaurier wurden ja auch nicht in direkter Konfrontation von kleineren und wendigeren Raubtieren besiegt und verdrängt. Es waren veränderte Umweltbedingungen, die ihren Größenvorteil kampflos zum Nachteil werden ließen.

 

Offensichtlich hat die Coronapause den Topstars einen unterschwelligen, aber bedeutungsvollen Rhythmus genommen und Probleme unterschiedlichster Art beschert und verstärkt.

Man darf gespannt sein, wer durch die plötzlich offene Tür gehen wird. Und wird das gewachsene Selbstvertrauen dann reichen, um das vormals erdrückende Charisma der „Alten“ in einer neuen Zeitrechnung auf Distanz zu halten?

 

Ihr Toni Innauer

 

 

 

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