Toni Innauer

Die häufigste Frage zum Skispringen…

Die häufigste Frage zum Skispringen…

Foto: Toni Innauer

 

 

…. lautete: „Schafft es Schlierenzauer zurück an die Weltspitze?“. Seit Gregors leisem Abgang gibt es darauf eine definitive Antwort. Leider nicht jene, an die ich geglaubt hatte.

 

Schlieri hat mehr Weltcups gewonnen als Thomas Morgenstern und Andi Goldberger zusammen, 53 Siege bleiben eine ehrfurchtsgebietende Marke.

Schon als 9Jähriger in Natters, hinter dem Bergisel zeigte er faszinierende motorische Hellhörigkeit, Neugier, Mut und Lernfähigkeit und setzte mit der ganzen Energie seiner verwundbaren Persönlichkeit wirklich alles auf eine Karte: Skispringen! Nicht zu gewinnen auch als einen akzeptablen Ausgang eines Wettkampfes anzuerkennen, lernte er erst viele Jahre später, in der schmerzlichen Läuterungsphase nach einem einzigen Triumphzug.

 

Seiner Zeit voraus, eroberte er als Superadler mit optimaler systemischer Begleitung die Skisprungwelt. Seine körperlichen und technischen Voraussetzungen passten zum Reglement wie der Schlüssel ins Schloss. Als Juniorenweltmeister holte er mit achtzehn Gold bei der Skiflug-WM der „Großen“ und machte sich unverschämt daran, der Allergrößte zu werden.

Gregor setzte neue Maßstäbe, optimierte die aerodynamisch plane Skiführung in der Luft, lange bevor die Konkurrenz die Bedeutung dieses Details erfasst hatte.

In seiner Glanzzeit hatte er meist schon nach der Hälfte des Fluges gewonnen, musste das letzte Flugdrittel nie wirklich optimieren. Der Blick aus erhabener Flugbahnhöhe, hinunter auf die Aufsprungmarken der Konkurrenz wurde zur Selbstverständlichkeit für den Überflieger. Der Zungenbrecher Schlierenzauer konnte bald in allen Sprachen andächtig und fehlerfrei ausgesprochen werden. Erst die technische Unterstützung durch die Krummstabbindung und Simon Ammann konnten ihn halbwegs einfangen.

Lässig überflog er noch Matti Nykänens Weltcup-Rekordmarke und Schatten.

Warum bloß ging es danach nicht mehr in der Tonart weiter?

 

Nykänen scheiterte an seiner Ignoranz gegenüber dem V-Stil und seiner Charakterschwäche, Gregor womöglich an seiner größten Stärke, seinem ausgeprägten Bewegungsgefühl.

Sich endgültig vom eigenen Kultstatus, seinen fein ziselierten bewegungstechnischen Erinnerungen, Mustern und Emotionen zu trennen war sehr viel verlangt. Aber genau das hätte den Platz geschafft, für fundamental frisch zu erlernende Muster, um neu abzuheben. Verletzungen, Regeländerungen, die Stabbindung, überzogene Ansprüche an das Betreuerumfeld und vor allem das Erleben des eigenen Scheiterns, ließen die magische Aura zusehends schwinden.

Gregor Schlierenzauer wurde nie zu Österreichs „Sportler des Jahres“ gewählt. Seine frühen Erfolgsserien verführten zu der Annahme, er würde immer weitersiegen und sich den Titel später noch holen. Mit zeitlich-emotionalem Abstand betrachtet hätte er ihn mehr als verdient.

 

 

Ihr Toni Innauer

2 thoughts on “Die häufigste Frage zum Skispringen…

  1. Erhard

    Sie Sportwelt könnte für junge Stars einen EhrenPreis einführen
    Vorschläge:
    Post activae vitae (nach Ende der aktiven Laufbahn)
    Ut vitae opus (Lebenswerk)

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