Toni Innauer

Die Reaktion des Sports auf Russlands gröbstes Foul

Sogar der internationale Sport hat realisiert, dass im Fall des, von Russland in der Ukraine begonnenen Krieges und Völkerrechtsbruchs bequeme westliche Neutralität und Ambivalenz keine angemessenen Haltungen sind. Es wird dem Sachverhalt und den Menschen in der Ukraine nicht gerecht, nur ganz allgemein „Frieden und Verhandlungen“ zu fordern, ohne zwischen Aggressor und Opfer unterscheiden zu wollen.

Im eigenen Berufsumfeld des internationalen Spitzensports registrierten wir, dass die ersten unmissverständlichen Maßnahmen seitens der Wirtschaft gesetzt wurden. Noch bevor die großen internationalen Verbände russische Sportlerinnen und Verbände ausschlossen und Wettkämpfe in Russland absagten, zogen Sponsoren und Partner ihre Konsequenzen. Sofort nach dem Einmarsch der Russen wurden langjährige Kooperationen und Partnerschaften beendet oder auf Eis gelegt.

Ein dezidiertes Ziel von Werbe-Kooperationen ist der positive Imagetransfer zwischen Sportart, Sportlerinnen oder Nationen und dem jeweiligen Unternehmen bzw. dessen Produkten und Leistungen. Noch stärker als Regelbrüche im Sportrecht (Doping) belasten der Angriffskrieg und Völkerrechtsbruch Russlands auch seinen Sport. Damit verkehrt sich eine wesentliche Geschäftsgrundlage des Sponsorings in ihr krasses Gegenteil, in Negativwerbung.

Wenn man jahrelang mit Teams zusammenarbeitet, persönliche Beziehungen und gegenseitigen Respekt aufgebaut hat, fällt die Trennung allerdings sehr schwer. Die betroffenen Teams, Betreuer und Sportlerinnen können nichts für die brutalen Entscheidungen und Vorhaben ihrer Staatsführung. Sie stehen plötzlich unverschuldet vor den Trümmern ihrer Arbeit und einer sportlich, aber auch wirtschaftlich sehr wackeligen Zukunft. In persönlichen Gesprächen wurden Betroffenheit, und Verzagen sehr deutlich.

Es ist das Wesen und der in Kauf genommene Nebeneffekt von Sanktionen, dass sie auch Unschuldige und Unbeteiligte treffen können. So kann die Bevölkerung einer übergriffigen Gesellschaft zum Nachdenken über die Vorgangsweise ihrer Regierung gebracht und die einseitig frisierte Propaganda im Land hinterfragt werden.

Nach den olympischen Spielen von Sotschi 2014 wurde ein Dopingskandal im russischen Wintersport aufgedeckt. Systematische Manipulationen von Dopingproben in der nationalen Antidopingagentur RUSADA setzten hinsichtlich Dimension und Perfidität neue ekelhafte Maßstäbe.
Das russische Dopingsystem und die Täuschungs- und Vertuschungsmanöver in der Aufarbeitung des Falles zeigten Verknüpfungen mit dem Geheimdienst, einen eklatanten Mangel an Unrechtsbewusstsein und eine skurril zurecht gebogene Interpretation der Wirklichkeit.

Es kommt unerwartet, dass sich die Weltgemeinschaft und vor allem der Westen und Europa im Umgang mit in den viel weitreichenderen Regelverstößen des Kremls überraschend einig ist. Das kam auch für Russlands Führung überraschend.

Der internationale Sport und dessen Entschlossenheit im Vorgehen gegen den russischen Sport war in der Dopingcausa leichter auseinander zu dividieren. Vielen Insidern waren die schließlich ausgesprochenen Sanktionen eindeutig zu zahnlos. Die Berücksichtigung aller diplomatischen, wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten und persönlichen Verstrickungen verhinderten, wie so oft, ein geeintes und unmissverständliches Auftreten und Urteil.

Umso wichtiger, dass sich der Sport jetzt voll und geeint hinter die wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen und symbolischen Gesten gegen das grobe völkerrechtliche Foul des Aggressor stellt. Nicht nur im Fußball deckt der Videobeweis hinterhältige Aktionen auf, die lange kaum zu beweisen waren.
Nur das sichtbare Scheitern ihres Vorhabens oder Planes kann Übergriffigen zeigen, dass die Wirklichkeit anders beschaffen ist, als sie sich das zurechtbiegen wollen.

 

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