Toni Innauer

Seitensprünge

Seitensprünge

Um es auf eine Titelseite zu schaffen muss man im internationalen Sportsommer außerhalb von Formel 1 und Fußball Champions League schon gewaltige Sprünge machen. Erfrischende junge Wilde, wie z.B. die nordischen Exoten Ruud und Rune oder der Spanier Alcaraz kriegen es mit dem gelben Filzball hin und sind die neue Würze rund um die Gigantenduelle zwischen Nadal und Djokovic.

Ein Schweizer Springer, Simon Ehammer, hat es auch geschafft!
Seine 8,45m im Weitsprung der Zehnkämpfer in Götzis sind Weltrekord für die Mehrkämpfer und überstrahlten, – aus zugegeben persönlicher Perspektive – alles was an jenem Wochenende sportlich passiert war.
Weit- und Hochspringer liefern archaische Rekorde. Auch als Nichtsportler hat man sie quasi vor Augen. Es genügen achteinhalb große Schritte, oder für ganz Exakte ein Meterband und schon stehen wir, im Abgleich mit dem eigenen Sprungvermögen, vor einem großen Rätsel: Wie bitte soll DAS menschenmöglich sein?
Gut erinnere ich mich an Bob Beamons Jahrhundertsprung von Mexiko-City 1968. Seine 8.90m haben wir in der verwachsenen Sprunggrube der Hauptschule in Bezau und später auch noch in jener des Skigymnasiums in Stams akribisch vermessen. Beamons Landung wäre in beiden Fällen erst weit nach der Sandgrube, wieder auf dem Rasen erfolgt…

Meine Schwester war Jahrzehnte lang Wirtin auf dem heimatlichen Sonderdach. Nie hat sie mich um Karten für ein Skispringen oder Skirennen gefragt. Das Mehrkampfmeeting im Möslestadion, das allerdings möchte sie unbedingt einmal sehen! Heuer hätten wir es fast geschafft, dann kam etwas dazwischen. Wir werden es nachholen, der Wundersprung allerdings ist uns entgangen.

Der 22jährige Schweizer hat einen Tiroler Vater und war schon Sieger der „golden Roof Challenge“ in Innsbruck. Mit 8.45m hätte er bei den olympischen Spielen 2008, 2012, 2016 und 2021 die Goldmedaille in der Spezialdisziplin gewonnen, das dürfte auch den Spezialisten nicht entgangen sein.
Was könnte der Mann wohl leisten, wenn er den Zehnkampf bleiben ließe und sich voll auf den Weitsprung konzentriere würde? Als Trainer und Optimierer denkt man sofort an Erhöhung der Anlaufgeschwindigkeit, forciertes Techniktraining, längere Erholungsphasen, Gewichtsreduktion etc..
Als echter Mehrkämpfer aber liebt Ehammer die Abwechslung in Training und Wettkampf, die vielseitige Herausforderung. So wie z.B. ein Jarl Magnus Riiber der nordischen Kombination treu blieb, obwohl er ein herausragender Spezialspringer geworden wäre, wird Ehammer Zehnkämpfer, und trotz Tiroler-Adler-Tattoo, wohl Schweizer bleiben.

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